Freeriding im Kleinwalsertal | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

16. Jan. 2018 · Winteraktivitäten
Sissi Pärsch

Wiedervereinigung am Gottesacker-Plateau

Eine Skitour mit dem Splitboard durch Naturschnee und in einer absolut einzigartigen Landschaft.

„Du hast es ja prophezeit – aber das ist schon gewaltig!“ Eliane kann ihren Blick nicht mehr vom Ifen lösen. Und ich sitze mit
einem breiten „Hab ich’s doch gewusst“-Grinsen neben ihr im Sessellift. Der Ifen ist eine sichere Bank, wenn man Menschen
beeindrucken will. Und ich grinse auch, weil ich weiß, dass noch viele „Wows“ folgen werden. Was ich jedoch nicht ahne: Wie
sehr mich dieses Wochenende am Gottesackerplateau selbst einmal mehr umhauen wird...

 Skitour am Gottesacker | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

Gemeinsam beschreiten

Ein wenig ironisch ist es schon: Ein Gerät, das sich teilt bringt uns zusammen. Ich fahre schon seit jeher Ski. Eliane fährt schon seit jeher Snowboard. In unserer Jugendzeit hätten wir im Schnee somit niemals zusammengefunden. Damals herrschten klare Vorurteile und eine klare Lagerteilung. Die konnten nicht mit uns – und wir nicht mit denen.

Nun wird man Gottseidank mit dem Alter weiser – oder zumindest toleranter. Immer häufiger war ich mit Snowboardern unterwegs, auf der Piste und im Powder. Doch kaum hatte man sich aneinander gewöhnt, trennten sich die Wege erneut: Ich entdeckte das Skitourengehen für mich und es zog mich immer öfter ins Hinterland. Kaum ein Snowboarder konnte da mithalten: zu umständlich, zu schwer, zu frustrierend.

Doch dann kam vor einigen Jahren das Splitboard auf: Ein Snowboard, das sich zum Tourenaufstieg in der Länge teilen und die Bindung von quer auf gerade montieren lässt. So können auch die Boarder mit Fellen unter den Füßen losziehen– ohne Schneeschuhe oder Kurzski und somit vor allem ohne schwerem Brett auf dem Rücken. Und so sind wir wieder beisammen. Wenn das geteilte Brett und die recht breiten Tourenskier so nebeneinander liegen – der Unterschied ist nicht mehr groß bzw. breit.

Skitour am Gottesacker | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

Traumhafte Tage im traumhaften Tal

Ich wollte Eliane schon seit Langem das Kleinwalsertal zeigen. Vielleicht auch, weil sie dem Tal ein wenig ähnelt: Beide sind sehr entspannt – und spannend zugleich. Bei beiden lohnt eine Entdeckungstour: Sie haben viel zu bieten, ohne damit laut hausieren zu gehen. Meine Überzeugungsargumente: ein traumhaftes Tal, Naturschnee an den Ifenliften (gerade für Snowboarder ein Traum) und eine Tour in einer absolut einzigartigen Landschaft. Sie ließ sich nicht lange bitten...

So hatten wir zunächst einen perfekten Pistentag auf wunderbar natürlichem Schnee am Fuße des Ifen. Die Sonne schien mustergültig für uns, während sich die Wolken im Flachland festgesaugt zu haben schienen. Beim Tagesabschlussgetränk in der Auenhütte wurde uns klar, dass wir gar keinen Plan B in petto gehabt hätten. Schlechtwetter? Hatten wir nicht in Betracht gezogen. Wenn Engel reisen... – ob mit Ski oder mit Snowboard.

Das Verwöhnprogramm ging in unserer Unterkunft gleich weiter. Ein wenig ausschwimmen, noch mehr ratschen auf den Liegen und dann zu viel Abendessen, weil die Chefin, die selbst in der Küche steht, einfach zu wunderbar kocht.

Skitour am Gottesacker | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

Der Wow-Effekt

Tag 2 wird, das war so geplant, unser schweißtreibender Tag: Ich wollte schon immer im Winter über das Gottesackerplateau queren. Man hört nur Schwärmereien über diese Spielwiese der ganz besonderen Art. Zu schwer zu fahren, heißt es, sei es nicht und die Anstiege sind nicht allzu kräftezehrend. Aber es ist ein zerklüftetes Gelände und somit nichts bei schlechten Bedingungen und generell nur etwas für Ortskundige oder in Skiführer-Begleitung.

Mit Franky haben wir doppelt die richtige Wahl getroffen. Er ist nicht nur Skiführer, sondern obendrein Fotograf. Als Guide zeigt er uns die schönsten Abfahrten (und genießt sie selbst – zumindest hören wir einige Jauchzer aus seiner Kleinwalsertaler Kehle).

Und das Fotografenauge führt uns zielstrebig in die schönsten Winkel des Gottesackerplateaus. Es ist wahr! Es ist tatsächlich eine einzige Spielwiese für uns Tourengeher: überschaubare Anstiege, weite Hänge, sanftes Cruisen durch wildes Gelände – und eine finale Abfahrt, die uns allesamt jubeln lässt: die Splitboarderin, die Tourengeherin und den Skiführer, der wohl einer der besten Freerider des Tals ist.

Splitboard Tour am Gottesacker | ©  Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

Faltenwurf und feine Abfahrten

Wir fahren noch mit der Bergbahn hinauf und tragen den kurzen Aufstieg zum Hahnenköpfle. Hier oben haben wir nicht nur eine sensationelle Aussicht auf die Bergwelt (die Talwelt samt Bodensee präsentiert sich als Wolkenmeer), sondern wir erkennen an den unbedeckten Felswänden auch als Laien die Besonderheiten des Gesteins. Ein richtiger Faltenwurf aus Schrattenkalk-Schichten türmt sich vor uns auf. Wir schnallen an und Franky gönnt uns gleich einmal eine kurze Abfahrt durch den pulvrigen Schattenhang. Für die drei Zapfen fellen wir dann erstmals auf. Elianes Umbau geht überraschend rasch – womöglich, weil sie hochgradig motiviert ist.

"Hübsch, hübsch, gut. Wow! "" Ja, auch wenn ... ", sagt Franky dramatisch," wir sind hier eigentlich auf deutschem Boden. "Das gibt uns zwei deutsche Mädels noch mehr zum Anfeuern. Wir haben jedoch keine Einwände, wenn uns unser Kleinwalsertal-Führer zurück zum Gottesacker-Sattel und damit zurück nach Österreich bringt.

Freeride Abfahrt im Tiefschnee | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

Meditativer Aufstieg, Mega-Abfahrt

Ganz ruhig werden wir beim sanften Marsch bergan. Kein Mensch ist zu sehen. Die Hänge liegen unberührt vor uns.Ein paar Vierbeinspuren und kleine Löcher der Schneehühner. Sonst nichts. Meditativ ziehen wir unsere befellten Ski und Splitboards durch das Weiß. Schließlich stehen wir auf einem krönenden Hügel und blicken nach rechts hinüber auf den Ifen samt Skigebiet. Für uns geht es aber links hinab.

Eine gute halbe Stunde schwingen wir durch Latschen, hüpfen über kleine Erhebungen und hinterlassen Traumspuren in den Hängen. Die Abfahrt über den Schmalzboden endet in einer schlängelnden Bahn durch den Wald und wir landen schließlich an der Langlaufstrecke im Wäldele. Abschwingen, abklatschen, nicht mehr viel sagen. Worte braucht es jetzt nicht mehr zwischen uns Dreien. Obwohl. Ein Satz kommt dann doch aus Frankys Mund: „Noch ein Abschluss-Cappuccino im s’Hirscheck?“ Splitboarderin und Skifahrerin sind sich absolut einig: „Plus Abschluss-Kuchen!“ 

 

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Sonnenaufgang auf der Kanzelwandbahn | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: David Kögler

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