Auf Spurensuche
Catherina Zwerger ist Jägerin, Polizistin, Köchin und Kuhhirtin. Ein Portrait über eine bodenständige Walserin, die leidenschaftlich gerne neue Wege einschlägt – auch wenn sie diese in roter Schnittschutzhose und mit Motorsäge erst einmal selbst ebnen muss.
Hobby: Jagd – Eine Entscheidung aus Liebe
Überhaupt ist die Unbeschwertheit irgendwie wieder wie vom Tisch gefegt und Bedächtigkeit übernimmt das Gesprächskommando. Cathi will das Thema in den richtigen Kontext stellen, sie legt wert darauf die richtigen Worte zu finden. Sie weiß, dass die Jagd kein gutes Image inne trägt. Es liegt ihr viel daran den Beruf beziehungsweise in ihrem Fall das Hobby mit all seinen Facetten darzustellen. Weg vom schießwütigen Jäger, der oft nur in der medialen Darstellung auf das Töten reduziert wird. Aber auch um auf Abstand zu gehen von schießwütigen Großwildjägern, denen es tatsächlich nur um die Trophäe geht. Ich komme wieder zur Ausgangsfrage zurück und es stellt sich heraus dass ihr Mann Martin sie zur Jagd gebracht hat. Es war sozusagen eine Entscheidung aus Liebe. Liebe zu Mann, Wild und Natur.
Eine weitere Herzenssache war es Polizistin zu werden. Im ersten Versuch war sie exakt einen Zentimeter zu klein und wurde abgelehnt. Sie ging daraufhin für 6 Monate in die Rechtsmedizin nach München – Leichen öffnen. Irgendwie wurde dann die Mindestgröße aufgehoben, der fehlende Zentimeter war nicht mehr relevant und Cathi bei der Polizeischule angenommen. In der Zeit hat sie dann auch die Jagdausbildung angefangen. Die Prüfungen für Polizei und Jagd waren dann im Abstand von 2 Tagen. Wieder ein Mammutprojekt. Aber auch diese hat die Walserin souverän gemeistert und bestanden. Böse Zungen können jetzt behaupten sie hat zwei Bereiche mit schwierigem Image gewählt. Denn, sind wir doch mal ehrlich, über Polizisten werden auch eher schlechte Witze gerissen, beziehungsweise deren Arbeit schnell hinterfragt – einem Koch passiert das weniger, wenn da mal was versalzen ist, nun, dann ist der Koch eben verliebt.
Volle Jagdseminare, wenig Prüflinge
Viele Jägerinnen gibt es nicht im Tal, eigentlich nur zwei überhaupt. Der Rest ist fest in Männerhand. Das wirft bei mir die Frage auf, wer denn so im Seminarraum sitzt, bei der Ausbildung. Nun: Viele! Die Seminare sind immer gut gebucht. Das verwundet mich, ich möchte mehr darüber erfahren. Cathi erläutert, dass sich viele Interessierte lediglich für tiefergehende Informationen in Zusammenhang mit Wild und Wald interessieren. Um Tierspuren richtig zu lesen, um den Kindern oder Enkelkindern den Wald und seine Bewohner explizit erklären zu können, oder aus rein persönlichem Interesse. Das Jagen, sprich das Erlegen von Tieren, die Hege spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Bei der Jagdprüfung lichtet sich der Kreis dann drastisch. Denn: die Prüfung ist anspruchsvoll, die Durchfallquote hoch, die Zahl der Wiederholer gering. Das erklärt dann doch das ausgeglichene Verhältnis zwischen Wild und Jäger im Land.
Josef, die kleine röhrende Tanne freut sich tierisch auf draußen, und klatscht erfreut in die Hände. Am Wildfütterungsplatz angekommen machen sich Andi und sein Gehilfe gleich an die Arbeit. Die Futterkrippen müssen mit lecker duftendem Heu befüllt werden. Wir sollen derweil ein bisschen plaudern. Cathi macht mich auf Spuren im Schnee aufmerksam. „Luag, des isch die Spur vo am Hirsch “, erklärt sie. Für mich sah das nach einem einfachen Loch im Schnee aus. Es muss ein prächtiges Tier sein, so tief wie es in den Schnee reicht. Cathi zeichnet mir die typischen Spuren eines Hasen ins kalte Weiß und erklärt die elegante Spurlinie eines Fuchses. Ich bin begeistert.
Cathi ist da aber auch ganz Frau und meint, wenn es dunkel wird, dann habe sie immer das Gefühl vom Wild beobachtet zu werden. Sie sei dann richtiggehend erleichtert, wenn sie wieder im sicheren Auto sitzen würde. Sie erzählt, dass sie ohnehin häufig auf dem Hochsitz einschläft, da möchte sie nicht wissen, was da schon alles gemächlich vorbeigelaufen sei und fragt sich selbst, ob sich nicht doch mal ein paar der Tiere amüsiert hätten, über die schlafende Jägerin.
Auf das Lob geht sie nicht ein. Ich frage ob sie sich noch an ihr erstes erlegtes Tier erinnern kann. Selbstverständlich erinnert sie sich. Es war eine Rehgeiß. Sie hatte das Tier über einen langen Zeitraum immer wieder im Visier, hat gewartet bis sie in perfekter Schusslinie war. Die Geiß war sofort tot. Cathi hat geweint. Tut sie zuweilen nach dem Erlegen eines Tieres immer noch. Weil ihr bewusst ist, dass sie gerade ein Leben ausgehaucht hat. Und weil das Tier noch warm ist, und lebendig aussieht. Sie erweist jedem den nötigen Respekt, steigt niemals über ein totes Tier einfach drüber. Sie geht außen herum. Auch gibt sie dem Tod die notwendige Zeit sich im Tier auszubreiten, lässt das Leben entweichen und dessen Seele. Ich verstehe was sie meint. Es ist ein Akt des Respekts vor einem Lebewesen, das in unserer Zeit so häufig verloren gegangen ist, und das als Tabuthema an den Rand geschoben wird.
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