Kühe auf der Alpe | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

28. Sep. 2016 · Kultur | Sommeraktivitäten
Carolin Schratt

Misswahl der Kühe

Ganz so glamourös wie auf dem Laufsteg geht es bei der Viehprämierung zwar nicht zu. Aber hier zählen neben den äußeren eben auch die inneren Werte …

Sie heißen Flora, Flieder oder Fröhlich und sie und ihre Artgenossen gehören zum typischen Postkartenmotiv vom Kleinwalsertal: Original Braunvieh heißt die Rasse, die in die Kategorie „seltene Nutztierrasse“ fällt. Welche die besten und schönsten Kühe dieser Rasse im Kleinwalsertal sind, entscheidet jedes Jahr die Jury des Vorarlberger Braunviehzuchtverbandes bei der Viehprämierung. Dafür werden am ersten Samstag im Oktober rund 100 Tiere in Hirschegg aufs Kritischste beäugt, bewundert und bewertet. Aber was ist eigentlich „Schönheit“ und „Leistung“ in den Augen eines Viehzüchters? 

Stellplatz der Misswahl | © Kleinwalsertal Tourismus eGen

Experten unter sich

Für die Züchter ist die Viehschau so etwas wie eine kleine Fachmesse, bei der sich die Experten das ein oder andere voneinander abschauen können: sei es in Sachen Fütterung, Pflege oder tiergerechte Haltung. Häufig werden bei der Gelegenheit auch Besamungstiere ausgewählt, welche die passenden Vererbungsmerkmale tragen – eine höhere Milchleistung etwa oder einfach Äußerlichkeiten.

Altkühe  | © Kleinwalsertal Tourismus eGen

Bewertungskriterien für Miss Milchtyp, die Eutersiegerin und Co.

Wer ist die schönste Kuh im ganzen Tal? Die Kriterien der Experten vom Viehzuchtverband sind einigermaßen kompliziert und stimmen nicht unbedingt mit dem überein, was Laien als ästhetisch bezeichnen würden. Zunächst werden die Papiere kontrolliert, nämlich Zuchtbuchauszug und Milchleistungsbericht, die so etwas wie ein Stammbuch des Tieres sind: Stimmt die Abstammung (nur Zuchttiere und deren Nachkommen von Mitgliedern des Vorarlberger Braunviehzuchtverbandes dürfen sich vor der Jury präsentieren)? Wie ist die Milchleistung (Braunvieh gibt ca. 6.000 Liter Milch im Jahr)?

Die einzelnen Gruppen werden dann im „Ring“ vorgeführt, wo die Experten ganz genau hinsehen: Wie ist der Rahmen des Tiers, also Größe, Länge und Volumen, wie die Bemuskelung? Welche Form haben Schultern, Rücken, Becken und Fuß? Wie sind Euter und Zitzen angelegt?

Noch mehr Viehzüchterlatein

Wenn die kritische Musterung zu Ende ist, werden die Tiere gereiht und der Sieger in jeder Gruppe gekürt. Wer zu welcher Gruppe gehört, ist genau festgelegt:

Dauerleistungskühe haben in ihrem Leben mindestens 50.000 kg Milch gegeben. Grundsätzlich gilt: Je mehr Kälber eine Kuh zur Welt bringt, desto mehr Milch gibt sie im Laufe ihres Lebens.

Altkühe sind mindestens 6  Jahre alt.

Jungkühe sind Kühe bis 6 Jahre und Kühe, die bereits das zweite Mal gekalbt haben.

Erstlingskühe sind Kühe, die ein Kalb geboren und eine Laktation abgeschlossen haben (erstmals Milch gegeben haben).

Kalbinnen sind trächtige Rinder älter als 2 Jahre oder Kühe, die ab 1. Juli dieses Jahres gekalbt haben.

2-jährige Rinder sind Zuchtrinder nicht älter als 2 Jahre.

Zur Zuchtfamilie gehören die Nachkommen von einer Kuh, wenn mindestens zwei direkte Nachkommen vorgestellt werden.

Und natürlich wird auch unter den Kälbern, die von jugendlichen und stolzen Nachwuchs-Züchtern vorgeführt werden, ein Sieger ausgewählt. Für alle Preisträger gibt es die begehrte Siegerschleife. Die Tagesgesamtsiegerin darf zur Bewertung zum Landeschampionat nach Dornbirn fahren.

Die Ergebnisse der Ausstellung werden hier veröffentlicht:
www.viehzuchtvereinkleinwalsertal.at

Kühe auf der Alpe | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Frank Drechsel

Dieser Artikel könnte Sie auch interessieren:

Viermal Muh - Kuhtypen analysiert

Den ganzen Bergsommer hindurch haben wir die Kühe auf den Alpen beobachtet, Daten gesammelt und ausgewertet – und schließlich vier Kuhtypen analysiert.