Peter Hammerer auf Schlittenfahrt | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Dominik Berchtold

03. Okt. 2018 · Winteraktivitäten
Susa Schreiner

Auf Kufen durch die Märchenlandschaft

Eine tief verschneite Landschaft, unter den Kufen knirscht der Schnee, ein erfrischender Windhauch im Gesicht... Begeben Sie sich mit uns auf eine Schlittenfahrt, die unvergessen bleibt.

Wie alles Begann

Ich hatte mich telefonisch bei Peter Hammerer zu einer Schlittenfahrt angemeldet und mir damit einen lang gehegten Mädchentraum erfüllt: Winter, Sonne, Pferde, Schlitten – ein Prinz würde hier nur stören… Während unseres Telefonats wollte ich dann auch gleich beim „Rosserer“, wie man im Oberbayerischen sagt, ein wenig mit meinem „Wissen“ über die Noriker angeben um ihn ein wenig zu beeindrucken. Peter verstand und meinte: „Denn konnscht halt a bizzle vor Zwei an Hof, denn ka i dir no d´Roos zeiga, wenn di des so intressiert.“ Eine Ausnahme übrigens, weil ich ja darüber schreiben wollte, sonst hat keiner Stallzutritt. Wer sich für eine Schlittenfahrt anmeldet, kommt zur ausgemachten Zeit auf den Hof, der Schlitten ist dann schon hergerichtet, die Pferde eingespannt und der Peter nicht weit, so dass es gleich losgehen kann.

Peter Hammerer und seine Noriker | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Dominik Berchtold

Wird hier „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ gedreht?

Ich komme also eine gute Viertelstunde vorher auf den Hof und wähne mich in Dreharbeiten zu einer Neu-Verfilmung von „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ oder einem ähnlichen Wintermärchen, denn da steht ein großer Mann, mit dicker Fellmütze, Bart, lockigem Haar, dicker Felljacke und schweren Stiefeln. Ich denke an den netten Kutscher, der die Haselnüsse für Aschenbrödel mitbringt – Sie wissen schon, der tolle Märchenfilm aus den 1970er-Jahren. Und exakt wie dieser Kutscher sieht der Peter Hammerer aus, nur größer.

Stall-Tour

Bevor ich mit den beiden Norikern Lola und Ricardo auf Kuschelkurs gehen kann, werde ich in den Stall geführt und einigen Gebirgskaltblütern vorgestellt: Da stehen Satan und Hoffeldhof, zwei stolze Deckhengste, Wallach Pezi und im nächsten Raum die Stuten Lolita und Fiona. Weiter kommen wir nicht, es ist gleich 14 Uhr und Peter will pünktlich starten. Pezi stampft empört in seiner Box mit dem Huf auf, er verlangt nach mehr Heu, Peter gibt ihm noch eine kleine Extra-Ration, dann geht es wieder hinaus.
Ich nehme auf dem Kutschbock Platz, schließlich will ich ja mit dem Peter über Pferde reden. Peter hat ca. 25 Noriker, so genau kann er das jetzt nicht sagen, weil allein gestern hat er einer seiner Stuten beim „Abfohlen“ geholfen. Peter ist nicht nur Kutscher sondern auch Geburtshelfer und Hufschmied in einer Person. Außerdem hat er noch 4 „Tiroler Grauvieh Kühe“ im Stall stehen – eine alte, robuste Rinderart.

Peter Hammerer auf Schlittenfahrt | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Dominik Berchtold

"Früher hem ma Galloways kha, dia ha i ned müga.“ Als der Vater dann in Rente gegangen ist, hat er die zotteligen Rinder verkauft und sich 4 „Tiroler“ geholt. Die Stallarbeit bewältigt er hauptsächlich zusammen mit seiner Frau, der Vater hilft auch noch hin und wieder mit. Seine 3 Kinder kommen ebenfalls zum Einsatz, aber er drängt sie nicht, sie sollen ihr eigenes Ding machen. Auf die Frage ob eines der Kids den Hof übernehmen wird, weicht er fast ein bisschen aus. Sein Sohn hat schon Interesse, auch seine Tochter Joelle ist „viehnarrisch“ – man wird sehen. Er selbst hat seine 31. Kutschensaison dieses Jahr, was im Umkehrschluss bedeutet, dass er seit seinem 16. Lebensjahr auf dem „Bock“ sitzt. Ich frage ihn, ob es etwas gibt, was er gerne mal noch erleben möchte. Die Antwort kommt schnell: „Heliskiing!“ Unser Stichwort, wir sind beim Thema Skifahren angelangt und wie es der Teufel so will, haben wir just in diesem Moment eine perfekte Sicht auf Kanzelwand, Fellhorn und weiter talauswärts auf´s Nebelhorn …

„Luag, siahsch dia Renna, dia bi i den Wenter au scho gfahra, siahsch se? Wart i halt a.“ Peter muss dazu nur marginal die Zügel bewegen, dann halten die beiden schon an und stehen da in aller Ruhe. Ich schau Richtung Hammerspitze und sehe sehr steile Einschnitte im Gipfelbereich – „Da fährst du runter?“, frage ich erstaunt und mit großem Respekt. Der Peter grinst breit. Peter zeigt mir Rinnen, die er schon gefahren ist oder unbedingt mal fahren will, Lola und Ricardo halten mittlerweile bei der bloßen Erwähnung des Wortes „Renna“ automatisch an, damit ich in aller Ruhe das Couloir begutachten kann, wo sich ihr menschlicher Herdenführer mit Ski schon in die Tiefe gestürzt hat. Ich bekomme bei jeder Rinne, die Peter mir zeigt, große Augen, Lola schnaubt, Ricardo ist alles wurscht – Hauptsache die Stute ist da, und Peter grinst über beide Wangen – winterliche Rinnen und Noriker – mehr braucht der Mann nicht für sein Glück, denke ich mir.

Peter Hammerer auf Schlittenfahrt | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Dominik Berchtold

Peter gönnt Lola und Ricardo eine Verschnauf- und uns eine Kaffeepause. Die Stute bekommt in gut 3 Monaten ein Fohlen, aber die Arbeit mache ihr noch nichts aus, sagt Peter. Ich nutze die Gunst der Sekunde und frage schnell, ob er immer schon Noriker hatte: Nein, früher hatten sie Haflinger, aber die seien viel schwieriger zu fahren, zu nervös und zu leicht für große Kutschen. Den Norikern macht das nichts aus.

Die Pferde bekommen dicke Decken, wir heißen Kaffee im Café Küren. Nach dem Einkehrschwung geht es langsam wieder Richtung Hof zurück  - die Walser Landschaft zieht an uns vorüber, wir lassen das malerische „Wäldele“ hinter uns. Mein Blick streift über die Bergwelt, wir sind noch relativ hoch – immer wieder erhasche ich einen Blick auf das tiefer gelegene Riezlern und schwelge in Kindheitserinnerungen - "Pippi Langstrumpf und der "Kleine Onkel"...

Jedes Märchen hat ein Ende...

Mittlerweile biegen wir wieder auf den Hof ein – Haselnüsse sind weder Peter noch mir bei unserer Fahrt in den Schoß gefallen und auch kein Äffchen hat uns einen Streich gespielt, doch die Geschichten vom Rosserer samt seinem unbekümmerten, jungenhaften Gemüt und sein schelmisches Grinsen haben viel von den bunten, sorgenfreien Kinderserien, die ich so geliebt habe, und immer noch gerne gucke ... Ich bedanke mich bei Peter, knautsche Ricardos weiche Pferdeschnauze und flüstere Lola noch ins Ohr, dass sie eine tolle Pferde-Mama wird. Dann bin ich wieder im Hier und Jetzt – die nächste Gruppe kommt auf den Hof, sie haben Proviant mitgebracht und sind ebenfalls schon voller Vorfreude. Ich wüsste zu gern, welche Filmtitel ihnen durch den Kopf gingen, als sie Peter und Ricardo gesehen haben...

Sonnenaufgang auf der Kanzelwandbahn | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: David Kögler

Kufen wechseln?

Leidenschaft Skibergsteigen

Wir stellen vor: David, 22, Skibergsteiger und Bergverrückter