Schneeräumer im Kleinwalsertal | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Dominik Berchtold

15. Nov. 2018 · Winteraktivitäten
Britta Maier

Sie machen den Weg frei

Wenn Frau Holle Gas gibt, laufen auch sie zur Höchstform auf und sorgen dafür, dass Schnee und Eis dort sind, wo sie hingehören - nicht auf die Straße: Die Schneeräumkommandos vom Kleinwalsertal!

Schnee...

Mit großer Freude wird er erwartet und je mehr fällt, umso höher schlagen die Herzen der Wintersportler und -wanderer! Doch wenn die weiße Pracht auf Straßen und Gehwegen liegen bleibt und in Windeseile anwächst, kann der Wintertraum auch zum Hindernis werden - im schlimmsten Fall gefährlich. Im Kleinwalsertal ist man in Sachen Schneeräumung gut aufgestellt: Die Straßenmeisterei des Landes Vorarlberg, der Bauhof der Gemeinde Mittelberg und zahlreiche Dienstleister arbeiten Hand in Hand und sorgen unermüdlich für unbeschwertes Durchkommen auf Straßen und Wegen. Eine Selbstverständlichkeit, die man oft erst zu schätzen weiß, wenn mal etwas nicht ganz so rund läuft. Nüüs war mit dem Schneepflug unterwegs und kam mit Einblicken in und Verständnis für die Arbeit der Räumkommandos zurück.

Schneeräumer im Kleinwalsertal | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Dominik Berchtold

Es ist 3.30 Uhr morgens...

Hermann Türtscher macht sich auf den Weg zur Frühschicht. Seine letzte Tour ist er um 22.00 Uhr gefahren. Seitdem hat es munter vor sich hin geflöckelt, die Straße liegt unter 20 cm luftig-leichtem Neuschnee. In der Straßenmeisterei in Baad sattelt er auf seinen treuen Begleiter in den Wintermonaten um: Ein 26-Tonner mit 400 PS, allein der 3,6 m breite Frontpflug ist fast 1,6 Tonnen schwer. Mit ihm und einem weiteren Schneepflug sowie einer kleinen Fräse für die Feinarbeit räumen Hermann und das Team der Straßenmeisterei Kleinwalsertal die Hauptstraße und sozusagen die 13 km lange Lebensader des Kleinwalsertals. Sie verläuft von der Walserschanze, der Grenze zwischen Deutschland und Österreich, bis nach Baad. Wenn der Schneefall kein Ende mehr zu finden scheint, fährt das Team in Orange bis zu elf Touren, 286 km am Tag. Für eine Tour von Baad bis zur Walserschanze und zurück sind sie ca. eine Stunde auf dem Weg.

Wenn das Thermometer Achterbahn fährt

Als sich die zwei Schneepflüge um 4.00 Uhr in Baad in Bewegung setzen, fängt es immer stärker zu schneien an. Auch wenn Hermann schon an die 20 Winter in und mit einem Schneepflug verbracht hat, seine Begeisterung für winterliche Verhältnisse wie diese ist ihm ins Gesicht geschrieben. Allerdings gibt es dann auch die Tage, an denen die Natur den Winterdienst im Kleinwalsertal auf eine harte Probe stellt. Natürlich macht die Technik heute vieles einfacher und bietet mehr Komfort, doch jeder Winter ist anders und bringt seine ganz persönlichen Herausforderungen mit sich. Dabei ist für den Straßendienst die Schneemenge in der Regel das kleinere Problem, wenn das Thermometer allerdings beginnt Achterbahn zu fahren, dann wird es umso schwieriger die Glatteisgefahr im Bann zu halten. Die richtige Dosierung des Streusalzes ist komplex, insbesondere wenn man versucht, dabei auf die Ökobilanz zu achten. Doch mit der Sicherheit als oberste Prämisse versuchen Hermann und sein Team die Dosierung zu optimieren und so umweltverträglich wie möglich zu machen.

Schneeräumer im Kleinwalsertal | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Hermann Türtscher

Bis zu 994 m³ Kubikmeter Schnee an einem Tag...

Auf dem Rückweg von der Walserschanze scheint das Tal langsam aufzuwachen. In den Ortszentren sind die ersten Räumfahrzeuge der Gemeinde unterwegs. Während Hermann Türtscher und Team im Auftrag des Landes Vorarlbergs für die Bundesstraße verantwortlich sind, wird im Ort, auf den Nebenstraßen und öffentlichen Parkplätzen vom Bauhof des Kleinwalsertals mit Unterstützung von diversen Privatunternehmern geräumt. Heute wird verladen, d.h. in jedem Ort wird später eine Schneefräse fahren und die angehäuften Schneeberge auf LKWs fräsen, welche die Schnee-Massen dann zum jeweiligen Schnee-Abladeplatz fahren. Je nach Schneefall sind das an einem Tag bis zu 87 LKW-Ladungen bzw. 994 m³ Kubikmeter Schnee.

Die Entscheidung, ob verladen wird, trifft der Bauhof bereits um 3.00 Uhr morgens. Eine Entscheidung, die gut überlegt sein will, denn mit einem Anruf setzen sie eine weitreichende Kettenreaktion in Gang. In Folge rücken dann eine Reihe von Dienstleistern zum Schneeräumen aus, so dass die Schneefräsen um ca. 5.30 Uhr mit der Arbeit beginnen können und bis zum Einsetzen des Berufs- und Ausflugsverkehrs die Straßen so frei wie möglich sind. Wenn es darum geht einzuschätzen, ob und wie groß das Räumkommando zu sein hat, kann der beste Wetterbericht ihre langjährigen Erfahrungswerte nicht ersetzen. Überschätzen sie die Lage, kommt es zu kostenintensiven Leerfahrten. Unterschätzen sie den Schneefall, wäre ein Schnee- und Verkehrschaos vorprogrammiert.

Schneeräumer im Kleinwalsertal | © Kleinwalsertal Tourismus eGen | Fotograf: Hermann Türtscher

Hand in Hand

Als Hermann Türtscher seine zweite Tour beginnt, haben sich schon wieder einige Zentimeter Neuschnee auf die frisch geräumte Straße gelegt. Das Tal kommt immer mehr in Bewegung, erste Lieferanten für Hotels, Restaurants und Lebensmittelgeschäfte fahren taleinwärts, einige Talbewohner machen sich auf den Weg an ihren Arbeitsplatz talauswärts und bald fahren die ersten Schulbusse. Ohne den unermüdlichen Einsatz der Räumkommandos würden Schnee und Glatteis die Bewegungsfreiheit von Einheimischen und Gästen im Kleinwalsertal wohl auf so manche Art einschränken. Dahinter steckt ein ausgefeiltes System, das nur mit dem Zusammenspiel der vielen Beteiligten funktioniert. Jeder versucht, sein Bestes zu geben, allerdings immer mit einer Unbekannten in der Gleichung, der Natur. So bekommt man vielleicht auch einen neuen verständnisvollen Blick, wenn Straßen, Gehwege, Winterwanderwege oder Loipen mal noch nicht perfekt geräumt oder präpariert sein sollten.

Gemeinsam mehr erleben

Von der Hauptachse ausgehend, arbeitet sich der Winterdienst im Kleinwalsertal immer weiter in die entlegeneren Ortsteile bis hin zu den Winterwanderwegen vor. Läuft alles nach Plan und sofern keine Lawinensperrungen vorliegen, startet in jeder Ortschaft um 7.00 Uhr ein Team mit der Präparation der Wege für die Winterwanderer. Soweit möglich wird maschinell mit einem Traktor, Quad oder Skidoo gearbeitet - je nach Steilheit und Wegbeschaffenheit nicht immer ein ungefährliches Unterfangen, dagegen sind manche Stellen ausschließlich Handarbeit. Im Kleinwalsertal versucht man, das Eintauchen in die winterliche Naturlandschaft möglichst vielen Wintersportlern zu ermöglichen. So werden bei der Präparierung der Winterwanderwege vor allem die Bereiche zu Schlüsselstellen, in denen die Interessen von Skifahrern, Winterwanderern, Tourengehern oder Langläufern aufeinandertreffen. Führen Winterwanderwege entlang der Loipen, geht die Bitte wiederum an die Winterwanderer, auf dem markierten Weg zu bleiben. Schließlich ist es die Natur, die uns ihre Nutzung für unser Vergnügen zugesteht, da liegt ein wenig Respekt für die Bedürfnisse der anderen und vor allem für den alpinen Lebensraum und seine Bewohner in der Natur der Sache. Und das ist es doch auch wieder beruhigend zu wissen, dass die Natur sich ihr Recht, unberechenbar zu sein, vorbehält.